Alzey, (16.03.2023)
Immer mehr Menschen haben Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Voraussetzung für den Leistungsbezug ist die Pflegebegutachtung beim Medizinischen Dienst, der die Pflegebedürftigkeit des Versicherten feststellt und eine Empfehlung zu den fünf Pflegegraden abgibt. Beim Medizinischen Dienst Rheinland-Pfalz sind die Auftragszahlen zwischen 2016 bis 2022 von 112.713 auf 167.667 gestiegen – Tendenz weiter steigend. "Damit für die Versicherten auch in Zukunft eine zeitnahe Pflegebegutachtung sichergestellt ist, brauchen wir neben dem Hausbesuch flexible Begutachtungsformate wie zum Beispiel das Telefoninterview", sagt Prof. Dr. Jürgen Koehler, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Rheinland-Pfalz.
Die Pflegebegutachtung erfolgt beim Medizinischen Dienst durch qualifizierte Pflegefachkräfte. Der Medizinische Dienst Rheinland-Pfalz hat in den vergangenen Jahren mit erheblichen Personalverstärkungen und Optimierungen in den Abläufen proaktiv auf die steigenden Auftragszahlen reagiert. "Aufgrund des Fachkräftemangels stehen aber immer weniger Pflegefachkräfte zur Verfügung und der Trend verstärkt sich durch die demografische Entwicklung. Denn auch die Pflegekräfte gehen in Rente", erläutert Dr. Oliver Meny, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Rheinland-Pfalz. "Ein schonender Umgang mit der kostbaren Ressource Pflegekraft ist daher dringend geboten. Dazu kann die Flexibilisierung der Begutachtungsformate ebenfalls beitragen."
Positive Erfahrungen aus der Pandemie nutzen, Versicherte zeitnah unterstützen
Die Erfahrungen aus der Pandemie zeigen, dass das strukturierte Telefoninterview eine gleichwertige Alternative zum Hausbesuch sein kann. Die Pflegegradverteilung blieb bei der Anwendung des strukturierten Telefoninterviews stabil und die Zufriedenheit der Versicherten mit dieser Begutachtungsform war genauso hoch wie bei den Hausbesuchen. Das Telefoninterview eignet sich vor allem für Höherstufungsanträge, die in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben: Ihre Anzahl ist beim Medizinischen Dienst Rheinland-Pfalz von 2016 bis 2022 von 27.421 auf 55.479 und somit um 102,3 Prozent gestiegen.
Höherstufungsanträge werden von Versicherten gestellt, deren Pflegebedürftigkeit sich verschlechtert hat und die bereits vom Medizinischen Dienst in eigener Häuslichkeit begutachtet worden sind. Das können zum Beispiel Pflegebedürftige sein, die an fortgeschrittenen Krebserkrankungen oder Demenz leiden. "In solchen Situationen geht es darum, eine zügige Begutachtung ohne Belastung für die Betroffenen zu ermöglichen, damit sie schnellstmöglich ihre Leistungen erhalten können", erklärt Prof. Dr. Jürgen Koehler.
Qualitativ hochwertige Begutachtung sichern – digitale Formate weiterentwickeln
Der Medizinische Dienst hat während der Pandemie zudem Videobegutachtungen in Pflegeeinrichtungen getestet, um deren Potenzial für die Weiterentwicklung der Begutachtungsformate zu untersuchen. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Videobegutachtungen sehr gut geeignet sind, um ortsungebunden und flexibel qualitativ hochwertige Pflegebegutachtungen durchführen zu können. Diese Formate gilt es, in einem zweiten Schritt für die Versicherten weiterzuentwickeln. Voraussetzung dafür ist allerdings die flächendeckende Verfügbarkeit von W-Lan, das derzeit weder in Pflegeheimen noch in der ambulanten Versorgung flächendeckend vorhanden ist.